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It’s My House and I Live Here

It’s My House and I Live Here

Julia Eichten / Frances Chiaverini / Robyn Doty / Ian Rodriguez / Matthias Rieke / Paula Kommoss

It‘s my house and I live here. (2019) stellt die Festschreibung und immanente Diskrepanz zwischen dem Genie als inhaltsvorgebenden Kopf und der Muße als ausführender Körper und mit dieser Rollenzuschreibung einhergehenden Matchverhältnisse in der professionellen Tanzwelt infrage. Der Begriff des Genies ist noch immer vorrangig männlichen Choreographen vorbehalten, wohingegen die, diesem entgegengesetzte, Rolle der Muse als eine zumeist weibliche und passive begriffen wird – obwohl deren Interpretation, Intellekt und körperliche Arbeit in den Schaffungsprozess vieler Kunstwerke miteinfließt. It‘s my house and I live here. widmet sich der Auseinandersetzung mit Machtverhältnissen, Grenzüberschreitungen und Identität.

Zusammen mit der Tänzerin Julia Eichten entwickelt die Choreographin Frances Chiaverini eine Performance, die sich der Auflösung von eben diesen Hierarchien widmet. Das Spiel mit offener und klarer Kollaboration eröffnet neue Möglichkeiten der Schöpfung, indem es die traditionelle Form untergräbt und sich mit Vergnügen, Souveränität und intuitiver Konfrontation beschäftigt. Das titelgebende Lied von Diana Ross It‘s my house and I live here. definiert dem entgegen ein selbstbestimmtes Territorium–das eigene Haus, der eigene Körper. Aber eine Frage bleibt: Kann aus der Auslöschung eines intuitiven Selbst eine souveräne Identität wachsen?

Die Performance fordert die Betrachter*innen zu einer kritischen Auseinandersetzung mit tradierten Vorstellungen von Schaffungsprozess von Performances und deren Aufführung auf. Anhand von unkonventionellen Blickwinkeln und Objekten, erfüllt immersive Bühnenbild, das aus gefalteten Schaumstoff- und Metallskulpturen besteht, drei Funktionen: eine dissonante Einladung an das Publikum, bildet eine fluide Grenze zum Bühnenraum und bietet einen Rahmen für die Performerin. Julia Eichten, deren Bewegungen Klang und Licht lenken, navigiert den Raum und seine Besucher*innen und stellt sich ihren Wünschen nach oder gegen intime Beziehungen. Der gemeinsame Publikums- und Aufführungsraum ermöglicht es der Tänzerin, ihre eigene Position und Rolle (neu) zu definieren und bietet so Raum für die kritische Auseinandersetzungen mit vergangenen Erfahrungen.

It‘s my house and I live here. basiert auf Erfahrungen aus Workshops, Recherchen und Gesprächen mit Tänzern über die Plattform Whistle While You Work, initiiert von Frances Chiaverini und Robyn Doty, die das Bewusstsein für Missbrauch und Machtstrukturen im Tanz und in der darstellenden Kunst schärfen.